Akim
Am besten fange ich jetzt endlich mal an zu erzahlen:
Der Mann sitzt auf einem Tier, das einem Kamel zum verwechseln ahnlich sahe,
wenn es nicht so stammige Beine hatte. Dieses Tier nennt man "NygDrosch", was
in der Sprache der sudlichen Wustenbewohner auf Tarons Weltenscheibe etwa
soviel wie "Wustenschiff" bedeutet. Diese Tier also hat den Namen "Willfur",
einen Namen der seinen Reiter an dessen Eigenwilligkeit aber auch seinen
bequemen teppichartigen Charakter erinnern sollte.
Dies ist zwar ziemlich unwichtig, denn Willfur wird am Ende dieser Reise
verkauft werden und sicherlich nie wieder auftauchen, aber wir wollen nie
aufgeben die Wunder dieser Region zu beschreiben, denn Willfur ist ein
ungeheuer bequemes Reisemittel, weil er so unheimlich sanft durch die Wuste
stapft, so das sein Reiter, der ansonsten vor Langeweile einschlaft, anfangt
zu schreiben.
Tagebucheintrag, 7. Mondtag im Jahre 25 des gutigen Neijal.
Wir reisen nun seit 3 Tagen durch die Einode dieser Wuste und die Aussicht
auf weitere Wochen in diesem Stil lassen mich erschaudern. Die Langeweile
treibt mich dazu wahrend der endlosen Ritte meine Aufzeichnungen auf den
neuesten Stand zu bringen.
Es ist trostlos. Nicht nur diese Gegend hier. Mein ganzes derzeitiges Leben
ist es. Der Beruf des Handlers und Edelmannes, den ich nach Verlassen meiner
Heimatstadt angenommen habe, liegt mir uberhaupt nicht. Gut, meine Kenntnisse
aus dem Hause des Maharadschahs sind mir von enormen Nutzen, doch an
Menschenkenntnis mangelt es mir noch gewaltig und die Verschlagenheit eines
Geschaftemachers werde ich nie besitzen. Fast hatte mich der feiste Handler
von Tuchlamaar ubers Ohr gehauen mit seiner 'Sonderpackungs-Masche'. Ware
DelJaan, der Requastor der Hauptgeschaftsstelle in Sirun, mir nicht zu Hilfe
gekommen und das Geschaft diese originelle Wendung genommen, dann hatte ich
jetzt keine Karawane mehr mit 100 Ballen feinstem Newelstoff.
Sobald wir diese Wuste durchquert und ich meine Geschafte erledigt habe,
werde ich meine Tarnung andern. Ich habe dem Requastor versprochen, neue
Handelswege zu suchen und neue Regionen fur unseren Handel zu suchen. So ein
Abenteuer ist wesentlich mehr nach meinem Geschmack als Handel zu treiben mit
diesen vertrockneten Fettbeuteln der sudlichen Steppen. Auf diese Art bekomme
ich genugend Abstand von meinen Verfolgern und kann mich auf die Suche nach
diesem mysteriosen Kuschlick begeben.
Er blickt auf und sucht den Horizont ab. Die sandige Hugellandschaft gibt dem
Auge kaum Gelegenheit etwas interessantes zu ergreifen. In stummen Schritten
wandern die NygDroschs mit ihren Reitern durch die Odnis, auf einem Weg der
nur durch ihre Erfahrung gepragt ist.
Akim lehnt sich zuruck und seine Gedanken wandern zuruck in die
Vergangenheit....
Noch vor wenigen Wochen war er bekannt unter dem Namen Kim Han Kitho Ali
Jussuf Neijal Harun Sjaffa, als der Sohn des Lim Neijal arun hasf da'Sjaffa,
der Erstgeborene des Maharadschah von (Suarif) Sirun, der grosten Wuste in der
bekannten Region der Welt. Sein Vater wollte ihn auf die Herrschaft des
Landes vorbereiten und er genos das interessante und sturmische Leben im
Palast und der Hauptstadt des Landes. Er besas eine gute Ausbildung und war
ein guter Kampfer, naja wenn man von einigen Ungeschicklichkeiten mal absieht.
Und plotzlich kam alles ganz anders. Der Arger begann damit, das sich ein
Gelehrter oder besser Magier, in der Stadt niederlies und anfing
herumzuschnuffeln. Inzwischen weis man, das er ein Aufruhrer der Molukka ist,
der herausfinden sollte, welche Schwachstellen die Sicherheit in der
Regierung enthalt. Das Land sollte erschuttert werden, am besten von einem
Burgerkrieg, um so den Molukkanern zu ermoglichen, an unseren Salzvorkommen im
Westen teilzuhaben. Nach uber zehn friedlichen Jahren zeigt sich, das
Schwache sich nicht auszahlt im politischen Geschaft.
Tyrrus erfuhr anscheinend viel und unternahm wohl auch eine Menge, um Unruhe
zu stiften, davon weis ich aber nicht viel. Jedenfalls fand er eines Tages
durch einen Zufall heraus, das der Sohn des Maharadschas gar nicht sein Sohn
war, sondern der Sohn eines Liebhabers seiner bevorzugten Frau. Dieser Schlus
hatte eine gewisse Logik, denn erstens gab es angeblich einen Fluch, der auf
Neijal lastete: er solle niemals einen Sohn zeugen, zweitens hatte der
angebliche Sohn keine der in der Familie so typischen Hautmale und drittens
gibt es noch eine alte Amme, die beschworen kann, das die Hautmale des Prinzen
erst spater auftauchten, sie seien also heimlich eintatowiert worden.
Diese Geschichte brachte das Volk auf, denn sie wurde allgemein geglaubt. Und
mein Vater, der ja offensichtlich die Schmach des Liebhabers erduldet hatte,
nur um in den Genus eines Erben zu kommen, wurde zum ersten mal heftig von
der Offentlichkeit angegriffen. In einem Land, in dem solche Taten
normalerweise mit Ausstosung, Verbannung, Steinigung oder direkt dem Tode
bestraft wurden, konnte es sich auch ein Maharadscha nicht erlauben,
offentlich mit solcher Schmach zu leben. Die Spione der Palastsicherheit
meldeten zu der Zeit das Aufmarschieren der molukkischen Truppen in den Bergen
der Westregion. Die Molukka nutzten offenbar die wirren Zustande um Starke zu
demonstrieren. So blieb Neijal nichts anderes ubrig, als die Volksseele zu
beruhigen und seine Frau auszustosen und zur Aussatzigen zu erklaren. Es ist
nie bekannt geworden, was aus ihr wurde. Seinen vermeintlichen Sohn sollte er
nach Ansinnen seines beistehenden Rates offentlich hinrichten lassen. Neijal
stimmte mismutig zu. Kurz vor der Hinrichtung trafen wir uns noch einmal und
Neijal, zu dem ich immer ein sehr inniges Verhaltnis hatte, gab mir gegenuber
zu, das er gewust habe, das ich nicht sein Sohn bin. Er hatte es gebilligt,
zudem er tatsachlich von dem Fluch betroffen zu sein scheint, wie sich danach
deutlich in meinen beiden Schwestern zeigte. Und Maji JafFar, meine Mutter,
war uber jeden Zweifel erhaben, einen Liebhaber gehabt zu haben. Neijal meinte
allerdings, er sei eines Abends aus seinen Gesprachsraumen zuruckgekehrt und
seine Dienerschaft habe sich gewundert, das er schon wiederkomme, wo er doch
gerade gegangen sei. Seit dieser Zeit war er mistrauisch. Es schien da eine
Art Doppelganger sein Unwesen im Palast zu treiben.
In diesem Gesprach wurden wir unterbrochen, als sich die Tur offnete und
Tyrrus den Raum betrat. Es war schleierhaft, wie er in den Palast gelangt war,
aber er erklarte sich sehr schnell. "Meine Herrschaft in Molukka ist noch
nicht zufrieden mit mir. Es genugt ihnen nicht, das der Maharadscha keinen
Erben haben wird. Sie mochten dieses Land auf der Stelle Kopflos sehen. Und
ich denke, es ist nur gerecht, wenn der zum Tode verurteilte Sohn seinen Vater
mit ins Verderben zieht. Also habe ich mich entschlossen, ihnen eine
Sondervorstellung in Sachen, 'spezielle Magie' zu geben. Mochten sie sich noch
kurz verabschieden ?". Mein Vater zog auf der Stelle sein Krummsabel und ging
vorwarts, doch eine Handbewegung spater sank er auf die Knie und krummte sich
vor Schmerz. "Sachte, sachte. Ich mochte nicht, das sie mich unterschatzen
und ihre kostbaren letzten Momente mit einer Waffe vergeuden." ... "Nun, da
sie ja offenbar nichts mehr zu sagen haben (Neijal krummte sich noch immer.)
kann ich ja nun ihren bedauernswerten Todesfalls inszenieren." In meiner
Verzweifelung ging ich vor, nahm den Sabel meines Vaters auf und stellt mich
vor ihn. "Nun, bevor du anfangst zu storen, legen wir dich lieber schlafen."
Mit einer Handbewegung schickte er seine Magie auf mich. Irgendwie jedoch
hatte sie keine richtige Wirkung, es war als verpuffte ein bunter Blitz an mir
wie ein Irrlicht. Mit gestarktem Mut ging ich nun etwas vor und war erstaunt
uber das maslos uberraschte Gesicht von Tyrrus. "Verschwinde, du Ausgeburt
des Teufels !" Mit einer grosartigen Gestik zauberte er nun einen hellen
Leuchtball hervor und ich beschlos, lieber auf ihn einzuschlagen bevor er mich
damit tracktiert. Mitten im Sturm nach vorn stolperte ich dann irgendwie uber
die Stufe am Eingang und sties so mit dem Magier zusammen, dessen Zauber
irgendwohinflog und vermutlich keinen Schaden anrichtete. Den lauten Knall
horte ich gar nicht. Wir gingen zu Boden und fluchten. Nach einigen Sekunden
des Gerangels fiel mir erst auf, das ich alleine mit seinem Umhang kampfte.
Tyrrus rannte durch die offene Tur, und es war beruhigend, einen Magier wie
einen Menschen rennen zu sehen. Am Ende des Ganges wollte er um die Ecke
laufen, prallte dabei aber mit voller Wucht auf eine Wache, die gerade auf dem
Weg zur Kammer war. Er wurde festgehalten und man band ihm die Hande. Ich
muste mich wieder hinsetzen um die plotzliche Erschopfung zu uberwinden. Der
Raum sah jetzt etwas unordentlicher aus, besonders der schwarze Fleck an der
Decke war ziemlich unschon. Aber meinem Vater war nichts weiter passiert, er
erholte sich in der nachsten Minute von dem Angriff.
"Wir haben da noch eine Hinrichtung", meinte Neijal zu mir. "Aber nicht die
deine. Niemand, der sich so fur mich einsetzt, hat es verdient am selben Tag
hingerichtet zu werden." So sollte die Hinrichtung spontanerweise fur einen
Magier ausgerichtet werden, der dem Volk als Verrater angepriesen wird.
Eine Stunde spater stand Tyrrus auf dem Podest des Scharfrichters, lachte und
rief uns zu, "Wir werden uns wiedersehen, du Damon des Bosen." Dann gab es
einen Blitz und weg war er. Das Volk rannte in Panik auseinander.
Einen Tag spater lies Neijal verlautbaren, das es in Zeiten der Krisen nicht
angebracht sei, Freunde zu vernichten, die das Reich schutzen. Sein Sohn
werde von der Todesstrafe befreit und in die Verbannung gehen.
Seitdem trage ich einen neuen Namen und wurde in die Ehrenliste der Familie
als Verwandter 3. Grades aufgenommen. Um die Stimmung im Volk zu beruhigen,
habe ich zugestimmt, fur einige Jahre das Land zu verlassen. Danach wird sich
kaum noch jemand daran erinnern, das der Verwandte 3. Grades einst ein
Ausgestosener war.
Zum Abschied gab mein Vater mir den Stab, den man bei Tyrrus gefunden hatte.
"Dieser Stab ist sicherlich sehr wichtig fur ihn, und wenn du ihn mitnimmst,
kannst du vielleicht verhindern, das er uns hier in nachster Zeit zuviel
Arger macht.", "Wenn ich es lerne, wie man einem Magier entgeht, kann ich es
sicherlich schaffen, das er mir bis ans Ende der Welt folgt. Ich werde es
jedenfalls versuchen."
Ich nannte mich nun Akim Al'Swaf di Narum und begab mich als solcher zum
Handelskontor unserer Stadt, um mich als Abgesandter des Herrscherhauses um
die Geschafte in entfernten Regionen zu kummern. Dort traf ich dann DelJaan,
ein guter Freund der Familie, der mir sehr weiterhalf und mich in die
Geschafte einwies.
Einige Tage spater kam ich unbehelligt aus der Stadt. Ich begleitete eine
Karawane mit Newelstoffen nach Norden. Der Ritt ist bequem auf diesen
seltsamen Tieren und man beginnt schnell sich zu langweilen. Ich dachte oft
uber die Geschichte nach und irgendwann fiel mir wieder die Weissagung der
alten Frau in Sirun ein....
Ich war wieder mal unterwegs in der auseren Stadt, bei einer Art Rauber und
Gendarm Spiel mit meinen "Aufpassern", da traf ich eine seltsame alte Frau.
Sie war so alt und knochig, das sie mir einen Schreck einjagte. Wir
beobachteten uns einige Zeit lang gegenseitig, bis die Frau das Wort ergriff
und mich fragte ob sie mir aus der Hand lesen durfe und mir etwas von meiner
Bestimmung erzahlen solle. Sie sei neugierig, erzahlte sie, denn so etwas
seltenes wie mich trifft man nur einmal im Leben. Mit 12 Jahren ist man auch
immer neugierig und last sich gerne etwas von geheimnisvollen Dingen oder dem
eigenen Schicksal erzahlen.
Und so vernahm ich die folgenden Worte:
Bose Tage wirst du sehen.
Unrecht kannst du nicht versteh'n.
Drum wanderst du fur lange Zeit
(du) suchst nach Wahrheit, Zukunft, Vergangenheit.
Reiche kommen und (Reiche) vergeh'n
und neune must du sehen,
sieben Wunder must du schauen
und mit Talenten reich an Zahl
ein Wunder must selbst du getan.
Wirst du so den Weg erfullen
und zuletzt den alten Namen sagen,
so wird sich dein Geheimnis enthullen
und dir keinen Wunsch versagen.
Ich wandte mich erschrocken ab von ihr und sah sie nie wieder. Nicht der
lausige Reim schreckte mich seinerzeit, sondern das uble Schicksal, das sie
mir voraussagte, denn es war mir nie in den Sinn gekommen, das diese angenehme
Zeit im Palast einmal ein Ende nehmen konnte. Zum Gluck vergas ich ihre Worte
sehr schnell wieder und genos, vielleicht sogar mehr als zuvor, das Leben in
meiner vertrauten Umgebung.
Jetzt fiel es mir also wieder ein. Eigendlich schon zu spat. Oder doch nicht
?
Die Karawane stoppte. Ich konnte feststellen, das ich sehr gut geschlafen
habe.
Einige Dunen weiter kann man eine Horde von Reitern auf schnellen
Wustenkamelen sehen.
Die Geschichte von Akim
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Das Reich des Maharadschah Lim Neijal arun hasf da'Sjaffa.
- Ein groses Wustenreich mit wenig fruchtbarem Boden.
- Kontrastreiches Land: trockene ode Wuste und Oasen mit geschickt angelgten
Feldern.
- Herrschaft Absolutistisch mit beratendem Stab.
- Verteilte Rechtsprechung durch Radschahs in den Bezirken.
- Erbfolge klassisch: der erstgeboren Sohn bekommt den Thron. Frauen haben
keine Berechtigung darauf.
Die Zeit des Herrschers Neijal
0 - Regierungsantritt nach "plotzlichem" Tod des Vaters.
Neijal ist 24 Jahre alt.
1 - Prophezeihung der Hexe/Hellseherin: Neijal wird niemals einen Sohn haben.
2 - Neijal reorganisiert die Wirtschaft und bringt marktwirtschaftliche
Aspekte hinein. Das Volk reagiert mit Zufriedenheit. Die Unordnung steigt.
5 - Geburt von Akim.
7 - Geburt von Silja.
9 - Geburt von MiranDa.
10 - Akim geht zur Schule des weisen Nephrat.
17 - Akim und die Weissagung der Hexe/Hellseherin.
20 - Akim trifft einen Geist.
- Der Vater setzt auf seinen Sohn und bereitet ihn auf die Thronfolge vor.
- Er wird zum Kampfen ausgebildet und in Strategie und Politik gelehrt.
22 - Der Magier Thyrrus taucht auf und last sich in Sirun nieder.
23 - Erste Handel mit Molukka.
24 - Tyrrus wiegelt das Volk auf und bringt verschiedene Geschichten in
Umlauf.
- Maji Jaffar wird verstosen.
- Akim soll hingerichtet werden, es kommt aber anders.
- Akim geht unter neuem Namen auf Reisen.
Uwe Kall, Wed,17 Jul 1996.17:31:19